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Die Kleingartenvereine im vereinten Deutschland


Der Anbruch der „neuen Zeit“ mit der sogenannten Wende 1989/90 sollte viele positive und negative Veränderungen mit sich bringen.  Besonderen Diskussionsstoff lieferten die bundesdeutschen Gesetzlichkeiten, hier speziell das Bundeskleingartengesetz. Wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, so bereiteten auch an dessen Ende existenzielle Befürchtungen hinsichtlich der Bodenspekulation den Vorständen und Kleingartenfreunden vielerorts Sorgen.

Mit dem 3. Oktober 1990 vollzog der Beitritt der untergehenden DDR zur Bundesrepublik die Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands.

Nach über zehn Jahren Deutsche Einheit ist zu konstatieren, dass sich das Erscheinungsbild in vielen Kleingartenanlagen deutlich zum Vorteil verändert hat. Leider muss man auch feststellen, dass eine sprunghafte Zunahme von Einbrüchen und Verwüstungen in den Gärten und Lauben seit der Wende eingetreten ist. Unrühmliche Höhepunkte sind die sich in regelmäßigen Abständen wiederholenden Brandstiftungen. Jahrelange harte Arbeit geht in Flammen auf und wird vernichtet. Nicht nur die materiellen Schäden sind hoch. Auch die psychische Verfassung der Betroffenen in dieser Situation und in den Folgemonaten beim Wiederaufbau kann man kaum ermessen. Bislang gibt es kein Patentrezept, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Für eine ausreichende Prävention scheinen aber unter dem Strich die finanziellen Möglichkeiten des Rechtsstaates nicht ausreichend zu sein.

Gab es vor 1990 in vielen Kleingartenvereinen eine lange Warteliste für die Zuteilung einer Parzelle, so fiel dies danach weg. Ein großer Teil der ehemaligen DDR-Bürger wollte die erreichte Reisefreiheit erst einmal in vollen Zügen genießen und die grüne Oase zu Hause wurde zur Nebensache.

Viele Gartenvereine klagten in den 90er Jahren über eine zunehmende Überalterung ihrer Mitglieder. Inzwischen ist aber in den letzten Jahren eine Trendwende festzustellen. Zum einen durch Überschreibung der Parzelle von der Eltern- auf die Kindergeneration und zum anderen durch die Hinwendung vieler junger Familien mit Kindern zur Mutter Natur. Auch ist für eine hohe Anzahl Arbeitsloser der Garten ein letzter Zufluchtsort mit einem sinnvollen geistigen und körperlichen Betätigungsfeld geworden, wo es zudem noch Kommunikationsmöglichkeiten gibt. Dies jedoch so lange, wie sie imstande sind, die Pacht hierfür aufzubringen.

In Gesprächen mit Vorsitzenden, die schon etliche Jahre diese Funktion innehaben, wurde gegenüber dem Autor mehrfach mit Bedauern darauf hingewiesen, dass sich das Klima zwischen den Mitgliedern insgesamt gesehen seit 1990 abkühle. Bestand in den Jahren und Jahrzehnten zuvor noch ein Gemeinschaftssinn, so hat hier ein gewisser Wandel eingesetzt.

Ab dem Zeitpunkt der Wiedervereinigung ließen sich die Kleingartenvereine nach und nach wieder in das Vereinsregister beim Amtsgericht Leipzig eintragen und wurden Mitglied im „Stadtverband Leipzig der Kleingärtner“ e.V., der sich noch zu DDR-Zeiten am 27. April 1990 erneut gründete.

In der Ära des 1871 entstandenen ersten deutschen Gesamtstaates gegründet, hatte die „Gesundheitspflege Schönefeld“ auch die vierte Staatsform überlebt und war 1990 im wiedervereinten Deutschland angekommen. Seit 1990 fanden wieder regelmäßig Gartenfeste statt. Der letzte Höhepunkt war das 100. Jubiläum des Vereins im Jahre 1997.  

Die „Gesundheitspflege Schönefeld“ war auch von den Planungen für die „Nordtangente“ betroffen. Als Erfolg ist zu werten, dass die Fachleute beim Rat der Stadt Leipzig für eine veränderte Trassenführung zu gewinnen waren. Die Stadt errichtete für den Verein sogar auf der Brachfläche zwischen Kohlweg und Shukowstraße eine neue Anlage mit 27 Kleingärten und übergab sie im September 2000. Dazu gehören auch ein Mehrzweckgebäude mit Toiletten, ein Kinderspielplatz und ein neuer Parkplatz. Die Flächen der Parzellen variieren zwischen 215 m² und 280 m². Alle verfügen über Elektro- und Wasseranschluss. Die Kosten des Projekts beliefen sich auf rund 1,3 Millionen DM. Am 6. Oktober 2000 wurden die ersten Gärten an ihre neuen Pächter vergeben. Gegenwärtig gehören 85 Parzellen zum Verein.

 

Ein Restitutionsantrag zur Rückübertragung oder Entschädigung des im Jahre 1946 enteigneten Vereinsvermögens der „Gesundheitspflege Schönefeld“ blieb, wie in der DDR, auch in der neuen Republik ohne Erfolg.

 

Auszug ausKleingartenanlagen in Leipzig-Schönefeld“ von Lothar Kurth  (Für die Webseite -KGV Gesundheitspflege e.V.- vom Autor frei gegeben)